Am meisten ärgern sich junge Autofahrer über Radfahrer (52,8%) und E-Scooter Fahrer(13,5%). Erst an dritter Stelle steht der Ärger über andere Pkw-Fahrer (10,6%), es folgen Lkw (7,9%), Motorrad (3,7%), Fußgänger 1,6% (Rest Sonstige). Dies ergab eine aktuelle österreichweite Befragung von 1.091 Fahranfängern durch das Institut alles-führerschein.at. Dass Radfahrer ab jetzt (Oktober 2022) mancherorts bei Rot abbiegen dürfen, halten 69,6% der jungen Autofahrer für falsch, nur 11% für richtig (Rest „weiß nicht“). Dem ebenfalls ab jetzt geltenden Seitenabstand von mindestens 1,5 Metern zu Radfahrern wird hingegen mehrheitlich zugestimmt (72,6%). Die Ernsthaftigkeit des Konflikts zwischen Auto und Rad bzw. E-Scooter wird durch die Unfallursachenforschung verdeutlicht: Wenn ein Pkw-Fahrer mit einer anderen Verkehrsart kollidiert, dann an erster Stelle mit einem Rad. Umgekehrt verhält es sich ebenso.
Im Jahr 2021 ereigneten sich 3.109 Personenschadensunfälle zwischen Rad und Auto (Quelle: Statistik Austria). In 70,3% der Fälle war der Autofahrer Unfallverursacher; in 29,7% der Radfahrer. Die meisten Fahrradunfälle waren allerdings Alleinunfälle: 4.354. Radfahrer wiesen den höchsten Alleinunfallanteil unter allen Verkehrsarten auf. Lösungen für den Konflikt zwischen Auto und Rad sind generell notwendig und insbesondere wenn die beiden gefährdetsten Verkehrsteilnehmer aufeinandertreffen. Fahranfänger sind nicht nur überproportional an Unfällen beteiligt, sie sind vor allem auch überwiegend Unfallverursacher.
Wahrnehmung- und Einstellungsfehler sollten einerseits durch Öffentlichkeitsarbeit, andererseits in den Fahrschulen und in den verkehrspsychologischen Seminaren korrigiert werden, fordert der Studienleiter und Verkehrspsychologe Gregor Bartl von alles-führerschein.at:
I. Problem Geschwindigkeitseinschätzung eines herannahenden Fahrrads *):
- Je schneller ein Fahrrad fährt, desto eher wird seine
- Annäherungsgeschwindigkeit unterschätzt.
- Je höher die Trittfrequenz des Radfahrers ist, desto schneller wird die
- Annäherungsgeschwindigkeit eingeschätzt.
- Ein Fahrrad wird bei gleichem Tempo langsamer als ein Moped eingeschätzt.
Lösung: Bewusstes Trainieren des richtigen Schätzvermögens der Annäherungsgeschwindigkeiten im Alltag.
II. Problem Wahrnehmungsfehler:
- Bei starker Ablenkung übersieht der Mensch kleine unerwartete Objekte „Unaufmerksamkeitsblindheit“.
- Kleine Objekte können leicht in den „toten Winkeln“ des Autos verschwinden.
Lösung: Ablenkungen beim Autofahren vermeiden. Nicht nur schauen, sondern bewusst Ausschau halten nach Autos, Radfahrern, E-Scootern… Beim Abbiegen, Fahrstreifenwechsel, Verkehrsspiegeln etc. bewusst öfter als nur einmal Ausschau halten.
III. Problem falsche Einstellung:
Einerseits wird der Radfahrer als Konkurrent und Hindernis auf begrenztem Raum erlebt. Man will ihn nicht vor, sondern hinter sich wissen. Dadurch überholt man mitunter riskant. Andererseits fühlt sich der Autofahrer durch die offensichtliche Verletzlichkeit des Radfahrers zur Rücksichtnahme gezwungen. Diese Zweideutigkeit führt zu psychischer Spannung. Manchmal wird der andere Verkehrsteilnehmer auch unbewusst als Projektionsfläche für eigene Konflikte missbraucht.
Lösung: positive Umbewertung: „Man kann jedem Radfahrer dankbar sein, dass er nicht auch noch mit dem Auto fährt, dann wäre noch weniger Platz.“
„Ein Radfahrer ist einfach nur ein Radfahrer – man sollte in den wenigen Sekunden der Begegnung nichts Sonstiges in ihn hineinprojizieren (Vorurteile, eigene Konflikte…).“
Oft zahlt es sich gar nicht aus, den Radfahrer zu überholen – rote Ampel, zähfließender Verkehr …
Schlussendlich geht’s auch mit einem Schuss Humor: „Das Auto macht fett und kostet Geld. Das Fahrrad verbraucht Fett und spart Geld.“
Wegen der hohen Verletzungsgefahr empfiehlt es sich insbesondere für den Radfahrer, keinen Glaubenskrieg aus der Begegnung mit dem Auto zu machen. Statt Feindschaften aufzubauen, sollte man zuallererst auf sich selbst aufpassen, denn die meisten Radunfälle sind Alleinunfälle.
Methodik:
1.091 befragte Fahranfänger/innen, September 2022, österreichweit, schriftlich, anonym bei verkehrspsychologischen Gruppengesprächen durch Verkehrspsychologen/innen, durchschnittlich 9 Monate nach Führerscheinerwerb, Durchschnittsalter ca. 19 Jahre.
Im Text sind alle Geschlechter gemeint.
Ad Statistik Austria: als Fahrrad gilt in der Unfallstatistik: Fahrrad, Elektro-Fahrrad und E-Scooter. Hauptunfallverursacher nach Einschätzung durch das Polizeiorgan.
*) Geschwindigkeitswahrnehmung von einspurigen Fahrzeugen, Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, Nr. 33, 2015.
Rückfragehinweis:
Institut alles-führerschein.at
Dr. Gregor Bartl, Geschäftsführer & Verkehrspsychologe
Tel: 01 / 212 2 212
Mobil: 0664 / 6541576
E-Mail: bartl@alles-fuehrerschein.at
www.alles-führerschein.at